Wärme in der Sektorenkopplung
Die schrittweise Abkehr von fossilen Energieträgern ist unerlässlich, um die Klimaziele zu erreichen. In Österreich wird daher ein zukunftsfähiges Energiesystem verstärkt auf Elektrizität aus Wasser, Wind- und Sonnenergie beruhen. Bei Wind und Sonne stellt sich dabei allerdings die Herausforderung einer fluktuierenden Energieerzeugung. Aus diesem Grund muss das gesamte Versorgungssystem flexibler und auch effizienter als heute gestaltet werden. Die dahingehende energiepolitische Diskussion wird zunehmend unter dem Schlagwort „Sektorenkopplung“ geführt. Gemeint ist die verstärkte Integration der Sektoren Strom, Wärme, Verkehr und Industrie. Dies bedeutet einerseits, dass der Energieträger Strom stärker als bisher zur Bereitstellung von Wärme/Kälte sowie im Transport und bei der Güterherstellung eingesetzt wird; gleichzeitig soll der Verbrauch in diesen Sektoren möglichst reduziert werden und flexibel stattfinden, damit die Nutzung von Strom an die wetterabhängige erneuerbare Stromerzeugung angepasst werden kann.
Sektorenkopplung bedeutet Bereitstellung von Flexibilität für die Stromwirtschaft
Im Zuge der Umstellung der Stromerzeugung auf witterungsabhängige Technologien (Wind, PV) kommt es heute zu Situationen, in denen große elektrische Energiemengen nicht verwendet oder abtransportiert werden müssen. In diesen Situationen werden häufig betreffende Erzeugungsanlagen abgeregelt, um eine Überlastung der Stromnetze zu vermeiden.
Elektrische Anwendungen im Wärmesektor, wie Wärmepumpen, können dazu eingesetzt werden, den Stromverbrauch an die fluktuierende Erzeugung anzupassen. Zu Zeiten hoher Stromerzeugung werden sie hinzugeschaltet, um die notwendige Last zu erzeugen. Liegt zum betreffenden Zeitpunkt kein Wärmebedarf vor, kann die Energie thermisch, zum Beispiel mittels Bauteilaktivierung, gespeichert werden. Die Wärme, die mithilfe dieses Stroms erzeugt wird, ist vollkommen CO2-frei.
Zu Zeiten niedriger Erzeugung kann der vorliegende Wärmebedarf für eine begrenzte Zeit mithilfe der gespeicherten Energie gedeckt werden. Durch dieses intelligente Lastmanagement lässt sich die Abregelung von Erneuerbaren Energie-Anlagen reduzieren und unter Umständen sogar ein übermäßiger Ausbau der Stromnetze vermeiden. Mithilfe der thermischen Bauteilaktivierung können heute schon Gebäude als thermische Batterien eingesetzt werden, die ihre Wärmeenergie über lange Zeit speichern können.
Wärmepumpen können zwar nicht sämtliche Flexibilitätsanforderungen erfüllen, die an das zukünftige Energiesystem gestellt werden. Aber sie können einen wichtigen Beitrag leisten. Ihr Potenzial nicht zu nutzen, wäre volkswirtschaftlich unsinnig, denn: Wärmepumpen werden für die Dekarbonisierung des Wärmesektors ohnehin gebraucht, die Flexibilität bringen sie zusätzlich und mit geringem Mehraufwand mit. Durch höhere Gebäudeeffizienz steigt auch die Flexibilität der Gebäudetechnik, auf die Anforderungen des Strommarktes zu reagieren.
Sektorenkopplung ist mehr als die Nutzung von sogenanntem „Überschussstrom“
Flexible Sektorenkopplungstechnologien können helfen, größere Mengen erneuerbaren Stroms einer sinnvollen Nutzung zuzuführen und unnötige Belastungen für die Stromwirtschaft zu vermeiden. Das bedeutet aber nicht, dass die Nutzung von „Überschussstrom“ der einzige Aspekt der Sektorenkopplung wäre. Wärme, Mobilität und Industrie sind keine zweitrangigen Handlungsfelder der Energiepolitik und dienen nicht in erster Linie zur Optimierung der Strom-wirtschaft. Alle Sektoren stehen gleichberechtigt nebeneinander.
Das bedeutet in der Konsequenz, dass die Verbrauchssektoren (im Rahmen ihrer Möglichkeiten) Strom flexibel beziehen. Künftig wird es jedoch allen Marktteilnehmern – Verbrauchern, Erzeugern und dem Netz – gemeinsam obliegen, ihren Beitrag zur Systemstabilität und Versorgungssicherheit zu leisten. Gleichzeitig muss der Bedarf, den die zunehmend elektrifizierten Verbrauchssek¬toren an sauberem Strom haben, beim Ausbau der erneuerbaren Stromerzeugung berücksichtigt werden.
Sektorenkopplung muss effizienzbasiert sein
Zwar stehen Wind und Sonne quasi unbegrenzt zur Verfügung. Sie lassen sich aber nicht in unendlichem Maße zur Stromerzeugung nutzen. Windräder, PV-Anlagen, Biomassegewinnung - das alles kostet Fläche und obwohl die Erneuerbaren heute schon vielfach günstiger sind als Kohle und Atom – auch Geld. Zwar muss der Strombedarf des Wärmesektors aus klimapolitischen Gründen steigen; es gilt aber, diesen Anstieg möglichst zu begrenzen, um nicht unnötig viele Stromerzeugungsanlagen bauen und finanzieren zu müssen. Dies lässt sich im Gebäudesektor durch zwei Wege erreichen: effiziente Gebäude (= niedriger Wärmebedarf) und effiziente elektri-sche Wärmeerzeugung (= niedriger Strombedarf).
Unnötige Umwandlungsschritte sind zu vermeiden
Generell ist es auch möglich, durch elektrochemischer Verfahren mithilfe von Strom synthetische Brennstoffe herzustellen, sowohl gasförmige als auch flüssige. Diese Power-to-Gas (PtG) bzw. Power-to-Liquid (PtL) genannten Technologien gelten neben Batteriespeichern als vielversprechende Möglichkeiten, Energie künftig zu speichern. Auch für die Rückverstromung in Gaskraftwerken sind diese Brennstoffe geeignet.
Da zusätzliche Umwandlungsschritte zwischen Primärenergie (Erneuerbarer Strom) und Nutzenergie (Wärme) zu Verlusten führen ist es jedoch unter Effizienzgesichtspunkten sinnvoll, Strom möglichst direkt einzusetzen. Hier kommen die Vorteile der Wärmepumpe ins Spiel, die den Strom zur Gewinnung von Erd- und Umweltwärme nutzt und so einen Gesamtwirkungsgrad von 300 bis 400 Prozent (und mehr) erreicht. Sie ist damit eine Schlüsseltechnologie der Sektorenkopplung und eine zentrale Drehscheibe im smarten Stromnetz von morgen.
Die Wärmepumpe ist die perfekte Technologie für die Sektorenkopplung, denn:
- Wärmepumpen sind klimafreundlicher als alle fossilen verbrennungsbasierten Heiztechnologien
- Überschüssigen Öko-Strom können Wärmepumpen in Wärme umwandeln und speichern
- Wärmepumpen sind die einzige Technologie, die ganzjährig und in großen Stückzahlen nachhaltig eine erneuerbare Wärmeversorgung garantieren kann
- Wärmepumpen verbrauchen weniger Strom als andere Technologien und sind daher volkswirtschaftlich besonders günstig
- Wärmepumpen wandeln erneuerbaren Strom hocheffizient in Raumwärme um, wohingegen bei Umwandlung von Strom in Brennstoffe (Wasserstoff, Grünes Gas, Grünes Öl) hohe Verluste entstehen
Quelle Grafiken: BWP